INTERNATIONALE ARBEITSORGANISATION

Übereinkommen 160

Übereinkommen über Arbeitsstatistiken, 1985

Dieses Übereinkommen ist am 24. April 1988 in Kraft getreten.
Ort:Genf 
Tagung:71 

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,

die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 7. Juni 1985 zu ihrer einundsiebzigsten Tagung zusammengetreten ist,

hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Neufassung des Übereinkommens (Nr. 63) über die Statistiken der Löhne und der Arbeitszeit, 1938, eine Frage, die den fünften Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und

ist der Auffassung, daß diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 25. Juni 1985, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über Arbeitsstatistiken, 1985, bezeichnet wird.



I. Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1

Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, regelmäßig grundlegende Arbeitsstatistiken zu erheben, zusammenzustellen und zu veröffentlichen, die entsprechend seinen Mitteln schrittweise auf die folgenden Gegenstände auszudehnen sind:

a) Erwerbsbevölkerung, Beschäftigung, gegebenenfalls Arbeitslosigkeit und, soweit möglich, sichtbare Unterbeschäftigung;

b) Struktur und Verteilung der Erwerbsbevölkerung, um eingehende Analysen durchführen zu können und über Ausgangsdaten zu verfügen;

c) durchschnittlicher Verdienst und durchschnittliche Arbeitszeit (tatsächlich geleistete Stunden oder bezahlte Stunden) und gegebenenfalls Zeitlohnsätze und Normalarbeitszeit;

d) Lohnstruktur und -verteilung;

e) Arbeitskosten;

f) Verbraucherpreisindizes;

g) Haushaltsausgaben oder gegebenenfalls Familienausgaben und, soweit möglich, Haushaltseinkommen oder gegebenenfalls Familieneinkommen;

h) berufsbedingte Schädigungen und, soweit wie möglich, Berufskrankheiten;

i) Arbeitsstreitigkeiten.



Artikel 2

Bei der Erarbeitung oder Änderung der Konzepte, Definitionen und Methoden, die bei der Erhebung, Zusammenstellung und Veröffentlichung der auf Grund dieses Übereinkommens erforderlichen Statistiken verwendet werden, haben die Mitglieder die neuesten im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation aufgestellten Normen und Richtlinien zu berücksichtigen.



Artikel 3

Bei der Erarbeitung oder Änderung der Konzepte, Definitionen und Methoden, die bei der Erhebung, Zusammenstellung und Veröffentlichung der auf Grund dieses Übereinkommens erforderlichen Statistiken verwendet werden, sind die repräsentativen Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, soweit solche bestehen, anzuhören, um ihren Bedürfnissen Rechnung zu tragen und ihre Mitarbeit sicherzustellen.



Artikel 4

Dieses Übereinkommen enthält keinerlei Verpflichtung, Daten zu veröffentlichen oder mitzuteilen, die in irgendeiner Weise die Offenlegung von Informationen über eine einzelne statistische Einheit, wie eine Person, einen Haushalt, einen Betrieb oder ein Unternehmen, zur Folge haben könnten.



Artikel 5

Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, dem Internationalen Arbeitsamt so bald wie möglich die gemäß dem Übereinkommen zusammengestellten und veröffentlichten Statistiken und Informationen über ihre Veröffentlichung zu übermitteln, insbesondere

a) die die verwendeten Verbreitungsmittel kennzeichnenden Angaben (Titel und Kennziffern im Falle gedruckter Veröffentlichungen und die entsprechenden Beschreibungen im Falle von Daten, die in anderer Form verbreitet werden);

b) die neuesten Daten oder Zeiträume, für welche die verschiedenen Arten von Statistiken verfügbar sind, sowie die Daten ihrer Veröffentlichung oder Verbreitung.



Artikel 6

Es sind ausführliche Beschreibungen der bei der Erhebung und Zusammenstellung der Statistiken gemäß diesem Übereinkommen verwendeten Quellen, Konzepte, Definitionen und Methoden

a) zu erarbeiten und auf dem neuesten Stand zu halten, um wesentlichen Änderungen Rechnung zu tragen;

b) dem Internationalen Arbeitsamt so bald wie möglich zu übermitteln;

c) von der zuständigen innerstaatlichen Stelle zu veröffentlichen.



II. Grundlegende Arbeitsstatistiken

Artikel 7

Es sind laufende Statistiken der Erwerbsbevölkerung, der Beschäftigung, gegebenenfalls der Arbeitslosigkeit und, soweit möglich, der sichtbaren Unterbeschäftigung in einer für das gesamte Land repräsentativen Weise zusammenzustellen.



Artikel 8

Es sind Statistiken der Struktur und Verteilung der Erwerbsbevölkerung in einer für das gesamte Land repräsentativen Weise zusammenzustellen, um eingehende Analysen durchführen zu können und über Ausgangsdaten zu verfügen.



Artikel 9

1. Es sind laufende Statistiken des durchschnittlichen Verdienstes und der durchschnittlichen Arbeitszeit (tatsächlich geleistete Stunden oder bezahlte Stunden) für alle bedeutenden Arbeitnehmergruppen und alle bedeutenden Wirtschaftszweige in einer für das gesamte Land repräsentativen Weise zusammenzustellen.

2. Gegebenenfalls sind Statistiken der Zeitlohnsätze und der Normalarbeitszeit für bedeutende Berufe oder Berufsgruppen in bedeutenden Wirtschaftszweigen in einer für das gesamte Land repräsentativen Weise zusammenzustellen.



Artikel 10

Es sind Statistiken der Lohnstruktur und -verteilung für die Arbeitnehmer in bedeutenden Wirtschaftszweigen zusammenzustellen.



Artikel 11

Es sind Statistiken der Arbeitskosten für bedeutende Wirtschaftszweige zusammenzustellen. Soweit möglich müssen diese Statistiken mit den Daten über die Beschäftigung und die Arbeitszeit (tatsächlich geleistete Stunden oder bezahlte Stunden) des gleichen Erfassungsbereichs im Einklang stehen.



Artikel 12

Es sind Verbraucherpreisindizes zu berechnen, um die zeitlichen Veränderungen der Preise von Artikeln zu messen, die für die Verbrauchsgewohnheiten wesentlicher Bevölkerungsgruppen oder der Gesamtbevölkerung repräsentativ sind.



Artikel 13

Es sind Statistiken der Haushaltsausgaben oder gegebenenfalls der Familienausgaben und, soweit möglich, der Haushaltseinkommen oder gegebenenfalls der Familieneinkommen für alle Typen und Größen von Privathaushalten oder Familien in einer für das gesamte Land repräsentativen Weise zusammenzustellen.



Artikel 14

1. Es sind Statistiken der berufsbedingten Schädigungen in einer für das gesamte Land repräsentativen Weise zusammenzustellen; sie haben, soweit möglich, alle Wirtschaftszweige zu erfassen.

2. Es sind, soweit wie möglich, Statistiken der Berufskrankheiten für alle Wirtschaftszweige in einer für das gesamte Land repräsentativen Weise zusammenzustellen.



Artikel 15

Es sind Statistiken der Arbeitsstreitigkeiten in einer für das gesamte Land repräsentativen Weise zusammenzustellen; sie haben, soweit möglich, alle Wirtschaftszweige zu erfassen.



III. Übernahme der Verpflichtungen

Artikel 16

l. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, hat gemäß den in Teil I erwähnten allgemeinen Verpflichtungen die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen für einen oder mehrere der Artikel von Teil II zu übernehmen.

2. Jedes Mitglied hat in seiner Ratifikationsurkunde den oder die Artikel von Teil II anzugeben, für die es die Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen übernimmt.

3. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zu einem späteren Zeitpunkt anzeigen, daß es die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen für einen oder mehrere der Artikel von Teil II übernimmt, die es in seiner Ratifikationsurkunde nicht schon angegeben hatte. Diese Anzeigen haben vom Tage ihrer Mitteilung an die Wirkung einer Ratifikation.

4. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, hat in seinen gemäß Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation über die Durchführung des Übereinkommens vorzulegenden Berichten den Stand seiner Gesetzgebung und Praxis in bezug auf die Gegenstände der Artikel von Teil II, für die es die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen nicht übernommen hat, anzugeben und mitzuteilen, in welchem Umfang dem Übereinkommen in bezug auf diese Gegenstände entsprochen wird oder entsprochen werden soll.



Artikel 17

1. Ein Mitglied kann den Umfang der in dem Artikel oder den Artikeln von Teil II, für die es die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen übernommen hat, erwähnten Statistiken zunächst auf bestimmte Arbeitnehmergruppen, Wirtschaftsbereiche, Wirtschaftszweige oder geographische Gebiete beschränken.

2. Jedes Mitglied, das den Umfang der Statistiken gemäß Absatz 1 dieses Artikels beschränkt, hat in seinem ersten Bericht, den es gemäß Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation über die Durchführung des Übereinkommens vorzulegen hat, den Artikel oder die Artikel von Teil II anzugeben, auf welche die Beschränkung Anwendung findet, unter Angabe der Art der Beschränkung und der Gründe hierfür, und in den folgenden Berichten mitzuteilen, inwieweit der Umfang der Statistiken auf andere Arbeitnehmergruppen, Wirtschaftsbereiche, Wirtschaftszweige oder geographische Gebiete ausgedehnt werden konnte oder ausgedehnt werden soll.

3. Ein Mitglied kann nach Anhörung der in Betracht kommenden repräsentativen Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer durch eine Erklärung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes in dem Monat, der jeweils auf den Jahrestag des Inkrafttretens des Übereinkommens folgt, weitere Beschränkungen des technischen Umfangs der in dem Artikel oder den Artikeln von Teil II, für die es die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen übernommen hat, erwähnten Statistiken vornehmen. Diese Erklärungen werden ein Jahr nach der Eintragung wirksam. Jedes Mitglied, das solche Beschränkungen vornimmt, hat in seinem gemäß Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation über die Durchführung des Übereinkommens vorzulegenden Berichten die in Absatz 2 dieses Artikels erwähnten Angaben zu machen.



Artikel 18

Durch dieses Übereinkommen wird das Übereinkommen über die Statistiken der Löhne und der Arbeitszeit, 1938, neugefaßt.



IV. Schlußbestimmungen

Artikel 19

Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.



Artikel 20

1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

2. Es tritt in Kraft zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.



Artikel 21

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Maßgabe dieses Artikels kündigen.

3. Ein Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann nach Anhörung der in Betracht kommenden repräsentativen Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum ersten Mal in Kraft getreten ist, durch eine Erklärung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes seine Übernahme der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen für einen oder mehrere der Artikel von Teil II widerrufen, vorausgesetzt, daß es die übernommenen Verpflichtungen für mindestens einen dieser Artikel aufrechterhält. Der Widerruf wird erst ein Jahr nach der Eintragung wirksam.

4. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des in Absatz 3 dieses Artikels genannten Zeitraumes von fünf Jahren von dem in diesem Absatz vorgesehenen Widerrufsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von fünf Jahren durch die Artikel von Teil II gebunden, für die es die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen übernommen hat. In der Folge kann es die übernommenen Verpflichtungen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von fünf Jahren nach Maßgabe dieses Artikels widerrufen.



Artikel 22

1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.

2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.



Artikel 23

Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Maßgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.



Artikel 24

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Neufassung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.



Artikel 25

1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise neufaßt, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen:

a) Die Ratifikation des neugefaßten Übereinkommens durch ein Mitglied schließt ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Rücksicht auf Artikel 21, vorausgesetzt, daß das neugefaßte Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefaßten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefaßte Übereinkommen ratifiziert haben.



Artikel 26

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise maßgebend.