INTERNATIONALE ARBEITSORGANISATION

Übereinkommen 110

Übereinkommen über die Arbeitsbedingungen der Plantagenarbeiter, 1958

Dieses Übereinkommen ist am 22. Januar 1960 in Kraft getreten.
Ort:Genf 
Tagung:42 

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,

die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 4. Juni 1958 zu ihrer zweiundvierzigsten Tagung zusammengetreten ist,

hat die Frage der Arbeitsbedingungen der Plantagenarbeiter geprüft, die den fünften Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet,

hat für diesen Sonderfall die Annahme einer zweckentsprechenden Urkunde für angezeigt erachtet, um die Anwendung gewisser aus bestehenden Übereinkommen entnommener Bestimmungen auf die Plantagenarbeiter zu beschleunigen, bis die Ratifikationen dieser Übereinkommen ein größeres Ausmaß erlangt und deren Bestimmungen auf alle Personen innerhalb ihres Geltungsbereiches Anwendung gefunden haben, und um ferner die Anwendung bestimmter Übereinkommen, die zur Zeit nicht für Plantagenarbeiter gelten, auf diese auszudehnen, und

dabei bestimmt, daß diese Urkunde die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten soll.

Die Konferenz nimmt heute, am 24. Juni 1958, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Plantagenarbeit, 1958, bezeichnet wird.



Teil I. Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1

1. Als „Plantage" im Sinne dieses Übereinkommens gilt jeder landwirtschaftliche Betrieb, der in einem tropischen oder subtropischen Gebiet gelegen ist, regelmäßig Lohnarbeiter beschäftigt und sich hauptsächlich mit der gewerbsmäßigen Anpflanzung oder Gewinnung von Kaffee, Tee, Zuckerrohr, Kautschuk, Bananen, Kakao, Kokosnüssen, Erdnüssen, Baumwolle, Tabak, Faserpflanzen (Sisal, Jute und Hanf), Zitrusfrüchten, Palmöl, Chinarinde oder Ananas befaßt. Dieses Übereinkommen gilt nicht für Familien- oder Kleinbetriebe, deren Erzeugnisse für den örtlichen Markt bestimmt sind und die nicht regelmäßig Lohnarbeiter beschäftigen.

2. Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, kann nach Anhörung der in Betracht kommenden maßgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, den Geltungsbereich des Übereinkommens auf andere Plantagen ausdehnen, indem es

a) der Liste der in Absatz 1 dieses Artikels aufgezählten Kulturen eine oder mehrere der folgenden hinzufügt: Reis, Zichorie, Kardamom, Geranium und Pyrethrum oder andere Kulturen;

b) den in Absatz 1 dieses Artikels erfaßten Plantagen Betriebskategorien hinzufügt, die darin nicht aufgeführt sind, auf Grund der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis aber als Plantagen gelten.

Das betreffende Mitglied hat jede in diesem Sinne getroffene Maßnahme in seinen nach Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation vorzulegenden Jahresberichten anzugeben.

3. Als „Plantagen" im Sinne dieses Artikels gelten normalerweise auch Betriebe, die sich mit der Aufbereitung des Erzeugnisses oder der Erzeugnisse der Plantage befassen.



Artikel 2

Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, seine Bestimmungen auf alle Plantagenarbeiter in gleicher Weise und ohne Unterschied der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, des Glaubensbekenntnisses, der politischen Meinung, der Staatsangehörigkeit, der sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einem Stammesverband oder der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft anzuwenden.



Artikel 3

1. Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, hat

a) anzuwenden:

i) Teil I;

ii) die Teile IV, IX und XI;

iii) mindestens zwei der folgenden Teile: II, III, V, VI, VII, VIII, X, XII und XIII;

iv) Teil XIV;

b) wenn es einen oder mehrere Teile von den aus dem Übereinkommen übernommenen Verpflichtungen ausgenommen hat, in einer der Ratifikation beigefügten Erklärung die ausgenommenen Teile zu bezeichnen.

2. Jedes Mitglied, das eine Erklärung nach Absatz 1 b) dieses Artikels abgegeben hat, hat in seinen nach Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation vorzulegenden Jahresberichten anzugeben, inwieweit Fortschritte zur Durchführung der ausgenommenen Teile verwirklicht worden sind.

3. Jedes Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, aber bestimmte Teile nach den Bestimmungen der vorhergehenden Absätze ausgenommen hat, kann in der Folge dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes mitteilen, daß es die Verpflichtungen aus dem Übereinkommen für einen oder mehrere der bisher ausgenommenen Teile übernimmt; diese Verpflichtungen gelten als Bestandteil der Ratifikation und haben vom Zeitpunkt ihrer Mitteilung an die Wirkung einer Ratifikation.



Artikel 4

In Übereinstimmung mit Artikel 19 Absatz 8 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation darf keine Bestimmung dieses Übereinkommens so ausgelegt werden, als würde dadurch irgendein Gesetz, Rechtsspruch, Gewohnheitsrecht oder Vertrag berührt, die den beteiligten Arbeitnehmern günstigere Bedingungen gewährleisten, als sie in dem Übereinkommen vorgesehen sind.



Teil II. Anstellung und Anwerbung; Wanderarbeiter

Artikel 5

Im Sinne dieses Teiles des Übereinkommens gelten als „Anwerbung" alle Handlungen, die unternommen werden zu dem Zweck, sich oder Dritten die Arbeit von Personen zu beschaffen, die ihre Dienste an der Arbeitsstätte, bei einer öffentlichen Auswanderungs- oder Arbeitsvermittlungsstelle oder in einer von einem Arbeitgeberverband geleiteten und der Aufsicht der zuständigen Stelle unterstehenden Stelle nicht freiwillig anbieten.



Artikel 6

Die Anwerbung eines Familienhauptes darf nicht so ausgelegt werden, als ob sie die Anwerbung irgendeines Mitgliedes seiner Familie mitumfasse.



Artikel 7

Keine Person oder Vereinigung darf gewerbsmäßig anwerben, es sei denn, daß diese Person oder Vereinigung von der zuständigen Stelle eine Erlaubnis zur Anwerbung erhalten hat und Arbeitnehmer für eine öffentliche Verwaltung oder für einen oder mehrere bestimmte Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände anwirbt.



Artikel 8

Arbeitgeber und deren Beauftragte, Arbeitgeberverbände, von Arbeitgebern unterstützte Verbände, Beauftragte der Arbeitgeberverbände und der von Arbeitgebern unterstützten Verbände dürfen nur anwerben, wenn sie von der zuständigen Stelle eine Erlaubnis zur Anwerbung erhalten haben.



Artikel 9

1. Die angeworbenen Arbeitnehmer sind einem öffentlichen Beamten vorzuführen, der sich zu vergewissern hat, ob die gesetzlichen Vorschriften über die Anwerbung eingehalten, insbesondere, ob die Arbeitnehmer keinem unerlaubten Druck ausgesetzt oder in betrügerischer oder irrtümlicher Weise angeworben worden sind.

2. Die angeworbenen Arbeitnehmer sind diesem Beamten möglichst nahe bei dem Anwerbungsort vorzuführen oder spätestens am Ort der Abreise aus dem Anwerbungsgebiet, sofern es sich um Arbeitnehmer handelt, die in einem Gebiet für eine Beschäftigung in einem anderen, nicht derselben Verwaltung unterstellten Gebiet angeworben wurden.



Artikel 10

Wenn sich dies nach den Umständen verwirklichen läßt und notwendig ist, hat die zuständige Stelle vorzuschreiben, daß jeder angeworbene Arbeitnehmer, der nicht am Ort der Anwerbung oder in dessen Nähe eingestellt wird, ein Schriftstück -- z.B. einen Ausweis, ein Arbeitsbuch oder einen vorläufigen Vertrag -- erhält, worin die von der zuständigen Stelle gegebenenfalls festgesetzten Einzelheiten enthalten sind, z.B. Angaben über die Person des Arbeitnehmers, die Bedingungen für die in Aussicht genommene Beschäftigung und etwaige Lohnvorschüsse, die der Arbeitnehmer erhalten hat.



Artikel 11

1. Jeder angeworbene Arbeitnehmer ist ärztlich zu untersuchen.

2. Wird der Arbeitnehmer angeworben für eine vom Ort der Anwerbung entfernte Beschäftigung oder für eine Beschäftigung in einem Gebiet, das einer anderen Verwaltung untersteht, so hat die ärztliche Untersuchung möglichst nahe beim Ort der Anwerbung zu erfolgen oder spätestens am Ort der Abreise aus dem Anwerbungsgebiet, sofern es sich um Arbeitnehmer handelt, die in einem Gebiet für eine Beschäftigung in einem anderen, nicht derselben Verwaltung unterstellten Gebiet angeworben wurden.

3. Die zuständige Stelle kann öffentliche Beamte, denen die Arbeitnehmer nach Artikel 9 vorzuführen sind, ermächtigen, die Abreise dieser Arbeitnehmer vor der ärztlichen Untersuchung zuzulassen, wenn sie sich vergewissert haben, daß

a) die ärztliche Untersuchung nahe beim Ort der Anwerbung oder am Ort der Abreise unmöglich war und ist,



b) der Arbeitnehmer für die Reise und die künftige Beschäftigung körperlich geeignet ist,

c) der Arbeitnehmer bei der Ankunft an der Arbeitsstätte oder möglichst bald danach ärztlich untersucht wird.

4. Die zuständige Stelle kann anordnen, daß die angeworbenen Arbeitnehmer sowohl vor der Abreise als auch nach der Ankunft an der Arbeitsstätte ärztlich untersucht werden, insbesondere wenn die Reise so lange dauert und unter solchen Verhältnissen gemacht wird, daß die Gesundheit der Arbeitnehmer darunter leiden könnte.

5. Die zuständige Stelle hat sich zu vergewissern, daß alle notwendigen Maßnahmen getroffen werden, damit die angeworbenen Arbeitnehmer sich an das Klima gewöhnen, sich anpassen und ihre Schutzimpfung gegen Krankheiten vorgenommen werde.



Artikel 12

1. Der Anwerber oder der Arbeitgeber hat in jedem Fall, wo dies möglich ist, die angeworbenen Arbeitnehmer bis zur Arbeitsstätte befördern zu lassen.

2. Die zuständige Stelle hat alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, daß

a) die für die Beförderung der Arbeitnehmer verwendeten Fahrzeuge oder Schiffe hierzu geeignet, hygienisch einwandfrei und nicht überfüllt sind,

b) für geeignete Unterbringung der Arbeitnehmer gesorgt ist, wenn unterwegs übernachtet werden muß,

c) im Falle lang andauernder Reisen alle notwendigen Vorkehrungen für ärztliche Hilfe und für die Wohlfahrt der Arbeitnehmer getroffen werden.

3. Wenn die angeworbenen Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeitsstätte lange Fußmärsche zurücklegen müssen, hat die zuständige Stelle alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, daß

a) die Länge der Tagesmärsche der Gesundheit der Arbeitnehmer nicht abträglich ist und ihren Kräften entspricht,

b) sofern der Umfang des Transportes der Arbeitnehmer es erfordert, an geeigneten Stellen der Hauptverkehrsstraßen Ruhelager oder Unterkunftsstätten errichtet werden, die sauber instand gehalten und für die nötige ärztliche Pflege eingerichtet sind.

4. Wenn angeworbene Arbeitnehmer große Strecken bis zur Arbeitsstätte zurückzulegen haben und in Gruppen reisen, sind sie von einer verantwortlichen Person zu begleiten.



Artikel 13

1. Die Kosten der Reise der angeworbenen Arbeitnehmer bis zur Arbeitsstätte, einschließlich aller Aufwendungen für ihren Schutz während der Reise, sind vom Anwerber oder Arbeitgeber zu tragen.

2. Der Anwerber oder der Arbeitgeber hat den angeworbenen Arbeitnehmern während der Reise zur Arbeitsstätte alles für ihren Unterhalt Notwendige zu liefern, insbesondere je nach den örtlichen Verhältnissen entsprechende Lebensmittel in genügender Menge, Trinkwasser, Kochgerät und Brennstoff, Kleidungsstücke und Decken.



Artikel 14

Jeder angeworbene Arbeitnehmer ist auf Kosten des Anwerbers oder des Arbeitgebers heimzuschaffen, wenn er

a) während der Reise zur Arbeitsstätte durch Krankheit oder Unfall arbeitsunfähig wird,

b) bei der ärztlichen Untersuchung für arbeitsuntauglich befunden wird,

c) nach der Anwerbung aus einem von ihm nicht verschuldeten Grunde nicht eingestellt wird,

d) nach Feststellung der zuständigen Stelle in betrügerischer oder irrtümlicher Weise angeworben worden ist.



Artikel 15

Wenn die Familien der angeworbenen Arbeitnehmer die Erlaubnis erhalten haben, diese zur Arbeitsstätte zu begleiten, so hat die zuständige Stelle alle notwendigen Maßnahmen für den Schutz ihrer Gesundheit und ihre Wohlfahrt während der Reise zu treffen. Insbesondere ist

a) Artikel 12 und 13 dieses Übereinkommens auf solche Familien anzuwenden,

b) im Falle der Heimschaffung des Arbeitnehmers nach Artikel 13 auch seine Familie heimzuschaffen,

c) die Familie heimzuschaffen, wenn der Arbeitnehmer während der Reise zur Arbeitsstätte stirbt.



Artikel 16

Die zuständige Stelle hat den Betrag, der den angeworbenen Arbeitnehmern als Lohnvorschuß gewährt werden darf, zu begrenzen und die Bedingungen zu regeln, unter denen solche Vorschüsse gewährt werden dürfen.



Artikel 17

1. Jedes Mitglied, für das dieser Teil des Übereinkommens in Kraft ist, verpflichtet sich, soweit seine innerstaatliche Gesetzgebung es zuläßt, alle geeigneten Maßnahmen gegen irreführende Werbung zur Auswanderung und Einwanderung zu treffen.

2. Zu diesem Zweck wird das Mitglied, falls es nützlich ist, mit den anderen beteiligten Mitgliedern zusammenarbeiten.



Artikel 18

Geeignetenfalls hat jedes Mitglied innerhalb der Grenzen seiner Zuständigkeit Maßnahmen zur Erleichterung der Abreise, der Reise und der Aufnahme der zur Arbeit auf einer Plantage auswandernden Arbeitnehmer zu treffen.



Artikel 19

Jedes Mitglied, für das dieser Teil des Übereinkommens in Kraft ist, verpflichtet sich, in den Grenzen seiner Zuständigkeit geeignete ärztliche Dienste zu unterhalten,

a) die sich erforderlichenfalls sowohl im Zeitpunkt der Abreise als auch in dem der Ankunft davon zu vergewissern haben, daß sich die zur Arbeit auf einer Plantage auswandernden Arbeitnehmer und ihre Familienmitglieder, die befugt sind, sie zu begleiten oder ihnen nachzufolgen, in befriedigendem Gesundheitszustand befinden,

b) die darüber zu wachen haben, daß die zur Arbeit auf einer Plantage auswandernden Arbeitnehmer und ihre Familienmitglieder im Zeitpunkt ihrer Abreise, während der Reise und bei ihrer Ankunft im Bestimmungsland ausreichende ärztliche Betreuung erhalten und sich guter hygienischer Bedingungen erfreuen.



Teil III. Arbeitsverträge und Abschaffung von Strafvorschriften

Artikel 20

1. In den in dem betreffenden Gebiet in Kraft befindlichen Gesetzen und Vorschriften ist die Höchstdauer des Dienstverhältnisses festzusetzen, die in einem schriftlichen oder mündlichen Vertrag ausdrücklich oder sinngemäß vorgesehen werden darf.

2. Die Höchstdauer des Dienstverhältnisses, die ausdrücklich oder sinngemäß in einem Vertrag für eine Beschäftigung vorgesehen werden kann, die keine lange und kostspielige Reise erfordert, darf, wenn die Arbeitnehmer nicht von ihren Familien begleitet werden, ein Jahr und, wenn sie von ihren Familien begleitet werden, zwei Jahre keinesfalls übersteigen.

3. Die Höchstdauer des Dienstverhältnisses, die ausdrücklich oder sinngemäß in einem Vertrag für eine Beschäftigung vorgesehen werden kann, die eine lange und kostspielige Reise erfordert, darf, wenn die Arbeitnehmer nicht von ihren Familien begleitet werden, zwei Jahre und, wenn sie von ihren Familien begleitet werden, drei Jahre keinesfalls übersteigen.

4. Die zuständige Stelle kann nach Anhörung der die Beteiligten vertretenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, soweit solche bestehen, von der Durchführung dieses Teiles des Übereinkommens Verträge ausnehmen, die zwischen Arbeitgebern und nichtmanuellen Arbeitnehmern abgeschlossen werden, wenn die Entschlußfreiheit dieser Arbeitnehmer bei der Beschäftigungswahl ausreichend gewährleistet ist. Eine solche Ausnahme kann alle Plantagenarbeiter eines Gebietes, die in bestimmten Kulturen beschäftigten Plantagenarbeiter, die Arbeitnehmer eines bestimmten Betriebes oder besondere Gruppen von Plantagenarbeitern umfassen.



Artikel 21

Die zuständige Stelle jedes Landes, in dem noch Strafvorschriften gegen Arbeitsvertragsbruch durch einen Plantagenarbeiter zur Anwendung kommen, hat Maßnahmen zur Abschaffung aller derartigen Strafvorschriften zu treffen.



Artikel 22

Die Abschaffung aller dieser Strafvorschriften soll durch eine geeignete und sofort durchführbare Maßnahme erreicht werden.



Artikel 23

Im Sinne dieses Teiles des Übereinkommens gilt als „Arbeitsvertragsbruch"

a) jede Weigerung oder Unterlassung des Arbeitnehmers, die im Vertrag vereinbarte Arbeit aufzunehmen oder auszuführen,

b) jede Pflichtversäumnis und jeder mangelnde Arbeitseifer des Arbeitnehmers,

c) das eigenmächtige oder ungerechtfertigte Fernbleiben des Arbeitnehmers,

d) die Flucht des Arbeitnehmers.



Teil IV. Löhne

Artikel 24

1. Die Festsetzung von Mindestlöhnen im Wege frei abgeschlossener Gesamtarbeitsverträge zwischen den die beteiligten Arbeitnehmer vertretenden Gewerkschaften und den Arbeitgebern oder den Verbänden der Arbeitgeber ist zu fördern.

2. Falls keine geeigneten Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen im Wege von Gesamtarbeitsverträgen bestehen, sind die notwendigen Maßnahmen, gegebenenfalls durch die innerstaatliche Gesetzgebung, zu treffen, um die Festsetzung von Mindestlöhnen nach Anhörung von Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, einschließlich von Vertretern ihrer Verbände, soweit solche bestehen, auf der Basis völliger Gleichberechtigung zu ermöglichen.

3. Die gemäß den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes festgesetzten Mindestlohnsätze haben für die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindliche Kraft; sie dürfen nicht unterschritten werden.



Artikel 25

1. Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, hat die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um sicherzustellen, daß die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer von den geltenden Mindestlohnsätzen Kenntnis erhalten und daß die wirklich gezahlten Löhne nicht niedriger sind als die geltenden Mindestsätze, diese Maßnahmen haben die erforderlichen, den Verhältnissen auf den Plantagen des betreffenden Landes am besten entsprechenden Überwachungs-, Aufsichts- und Zwangsmaßnahmen zu umfassen.

2. Jedem Arbeitnehmer, für den die Mindestlohnsätze gelten, der aber einen geringeren Lohn erhalten hat, ist das Recht zu wahren, im Rechtsweg oder in einem anderen geeigneten Verfahren die Zahlung des ihm gebührenden Lohnrestes innerhalb einer von der innerstaatlichen Gesetzgebung zu bestimmenden Frist zu erwirken.



Artikel 26

Barlöhne dürfen nur in der gesetzlichen Währung ausgezahlt werden. Die Lohnzahlung mittels Schuldscheinen, Gutscheinen, Coupons oder irgendwelchen anderen Zahlungsmitteln, welche die gesetzliche Währung ersetzen sollen, ist zu verbieten.



Artikel 27

1. Durch die innerstaatliche Gesetzgebung, durch Gesamtarbeitsvertrag oder Schiedsspruch kann zugelassen werden, daß die Löhne dort, wo es üblich oder erwünscht ist, zum Teil durch Sachleistungen abgegolten werden dürfen; Lohnzahlung in Form von Getränken mit hohem Alkoholgehalt oder von Rauschgiften darf jedoch unter keinen Umständen gestattet werden.

2. Falls die teilweise Abgeltung der Löhne durch Sachleistungen statthaft ist, sind geeignete Maßnahmen zu treffen, damit die Sachleistungen dem persönlichen Gebrauch des Arbeitnehmers und seiner Familie dienen und den Bedürfnissen dieser Personen angepaßt sind.

3. Besteht ein Teil des Arbeitsentgeltes aus Nahrung, Wohnung, Kleidung und anderen wesentlichen Leistungen und Diensten, so hat die zuständige Stelle durch alle tunlichen Maßnahmen sicherzustellen, daß sie angemessen sind und richtig mit ihrem Barwert berechnet werden.



Artikel 28

Der Lohn ist dem beteiligten Arbeitnehmer selbst auszuzahlen, außer wenn auf Grund der innerstaatlichen Gesetzgebung, eines Gesamtarbeitsvertrages oder Schiedsspruches andere Bestimmungen gelten oder sich der beteiligte Arbeitnehmer mit einem anderen Verfahren einverstanden erklärt.



Artikel 29

Dem Arbeitgeber ist es untersagt, die Verfügungsfreiheit des Arbeitnehmers über seinen Lohn in irgendeiner Weise zu beschränken.



Artikel 30

1. Falls in einem Betriebe Läden zum Verkauf von Waren an die Arbeitnehmer oder Dienste bestehen, deren Leistungen für diese bestimmt sind, so darf auf die Arbeitnehmer keinerlei Zwang zur Inanspruchnahme dieser Läden oder Dienste ausgeübt werden.

2. Sofern keine anderen Läden oder Dienste zur Verfügung stehen, hat die zuständige Stelle durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, daß der Verkauf der Waren und die Leistung der Dienste zu gerechten und angemessenen Preisen erfolgt oder daß die vom Arbeitgeber eingerichteten Läden oder Dienste nicht auf Gewinn gerichtet sind, sondern im Interesse der beteiligten Arbeitnehmer betrieben werden.



Artikel 31

1. Lohnabzüge dürfen nur unter den Bedingungen und in den Grenzen zugelassen werden, die von der innerstaatlichen Gesetzgebung vorgeschrieben oder durch einen Gesamtarbeitsvertrag oder Schiedsspruch bestimmt sind.

2. Die Arbeitnehmer sind in der nach Ermessen der zuständigen Stelle am besten geeigneten Weise davon in Kenntnis zu setzen, unter welchen Bedingungen und in welchen Grenzen solche Abzüge vorgenommen werden dürfen.



Artikel 32

Zu verbieten ist jeder Lohnabzug zu dem Zweck, einem Arbeitgeber, dessen Vertreter oder irgendeiner Mittelsperson (z.B. einem mit der Anwerbung von Arbeitskräften beauftragten Agenten) eine unmittelbare oder mittelbare Zahlung seitens eines Arbeitnehmers zu verschaffen, damit dieser eine Beschäftigung erlangt oder beibehält.



Artikel 33

1. Der Lohn muß in regelmäßigen Zeitabschnitten gezahlt werden. Sofern die Lohnzahlung in regelmäßigen Zeitabschnitten nicht auf andere Weise befriedigend gewährleistet ist, sind diese Zeitabschnitte durch die innerstaatliche Gesetzgebung vorzuschreiben oder durch einen Gesamtarbeitsvertrag oder Schiedsspruch zu bestimmen.

2. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat die abschließende Begleichung des gesamten geschuldeten Lohnes nach den Vorschriften der innerstaatlichen Gesetzgebung oder den Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages oder Schiedsspruches oder, mangels solcher Vorschriften oder Bestimmungen, innerhalb einer unter Berücksichtigung der Vertragsbestimmungen angemessenen Frist zu erfolgen.



Artikel 34

Falls es notwendig ist, sind wirksame Maßnahmen zu treffen, um den Arbeitnehmern in angemessener und leicht verständlicher Weise Kenntnis zu geben

a) von den für sie geltenden Lohnbedingungen, und zwar bevor sie eine Stelle antreten sowie bei jeder Änderung dieser Bedingungen,

b) bei jeder Lohnzahlung von den Lohnbestandteilen für die betreffende Lohnperiode, soweit diese Bestandteile veränderlich sind.



Artikel 35

Die gesetzlichen Vorschriften zur Durchführung der Artikel 26 bis 34 dieses Übereinkommens müssen

a) den Beteiligten zur Kenntnis gebracht werden,

b) die Personen bezeichnen, die für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich sind,

c) angemessene Zwangsmaßnahmen für Übertretung festsetzen,

d) vorsehen, daß in allen Fällen, in denen es angezeigt ist, Aufzeichnungen in einer angemessenen Form und nach einem angemessenen Verfahren gemacht werden.



Teil V. Bezahlter Jahresurlaub

Artikel 36

Plantagenarbeitern ist nach einer gewissen Dauer ununterbrochenen Dienstes bei demselben Arbeitgeber ein bezahlter Jahresurlaub zu gewähren.



Artikel 37

1. Jedem Mitglied, für das dieser Teil des Übereinkommens in Kraft ist, steht es frei, über das Verfahren zu entscheiden, nach welchem der bezahlte Urlaub der Plantagenarbeiter geregelt wird.

2. Die Regelung des bezahlten Urlaubs der Plantagenarbeiter kann im Wege von Gesamtarbeitsverträgen oder dadurch gesichert werden, daß sie besonderen Stellen übertragen wird.

3. Soweit das Verfahren, nach welchem der bezahlte Urlaub der Plantagenarbeiter geregelt wird, es gestattet,

a) sind die maßgebenden beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, wie auch nach Ermessen der zuständigen Stelle andere durch ihren Beruf oder ihren Wirkungskreis dazu besonders geeignete Personen zuvor eingehend zu Rate zu ziehen,

b) haben die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Regelung des bezahlten Urlaubs teilzunehmen oder müssen sie dabei zu Rate gezogen werden oder das Recht haben, angehört zu werden, und zwar in der Form und in dem Maße, wie die innerstaatliche Gesetzgebung dies vorsieht, jedenfalls aber auf der Grundlage völliger Gleichberechtigung.



Artikel 38

Die erforderliche Mindestdauer ununterbrochenen Dienstes und die Mindestdauer des bezahlten Jahresurlaubs sind durch die innerstaatliche Gesetzgebung, Gesamtarbeitsvertrag oder Schiedsspruch oder durch besondere Stellen, die mit der Regelung des bezahlten Urlaubs der Plantagenarbeiter betraut sind, oder nach einem anderen von der zuständigen Stelle genehmigten Verfahren festzusetzen.



Artikel 39

Wo es angebracht ist, ist nach dem für die Regelung des bezahlten Urlaubs der Plantagenarbeiter eingeführten Verfahren Vorsorge zu treffen für

a) eine günstigere Behandlung jugendlicher Arbeitnehmer in Fällen, in denen der den erwachsenen Arbeitnehmern gewährte bezahlte Jahresurlaub als nicht angemessen für jugendliche Arbeitnehmer angesehen wird,

b) eine der Dienstdauer entsprechende Verlängerung des bezahlten Urlaubs,

c) einen im entsprechenden Verhältnis bemessenen Urlaub oder eine Abgeltung des Urlaubs in Fällen, in denen die Dauer des ununterbrochenen Dienstes dem Arbeitnehmer keinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub gibt, jedoch eine nach dem eingeführten Verfahren bestimmte Mindestdauer überschreitet,

d) die Nichteinrechnung von öffentlichen oder üblichen Feiertagen und wöchentlichen Ruhezeiten in den bezahlten Jahresurlaub, ebenso von zeitweiligen Arbeitsunterbrechungen in einem nach dem eingeführten Verfahren bestimmten Ausmaß, insbesondere wenn die Unterbrechungen durch Krankheit oder Unfall verursacht worden sind.



Artikel 40

1. Jeder Person, die nach diesem Übereinkommen Urlaub nimmt, ist für die ganze Urlaubsdauer mindestens ihr übliches Entgelt oder das nach den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels vorgeschriebene Entgelt zu zahlen.

2. Das Urlaubsgeld ist in der Weise zu berechnen, wie es durch die innerstaatliche Gesetzgebung, Gesamtarbeitsvertrag oder Schiedsspruch oder durch besondere Stellen, die mit der Regelung des bezahlten Urlaubs der Plantagenarbeiter betraut sind, oder nach einem anderen von der zuständigen Stelle genehmigten Verfahren bestimmt ist.

3. Schließt das Entgelt einer Person, die Urlaub nimmt, Sachleistungen ein, so kann ihr für die Urlaubsdauer ein den Sachleistungen entsprechender Geldbetrag gezahlt werden.



Artikel 41

Jede Vereinbarung über die Abdingung des Anspruchs auf den bezahlten Jahresurlaub oder über den Verzicht auf diesen Urlaub ist als nichtig anzusehen.



Artikel 42

Wird der Plantagenarbeiter entlassen oder gibt er seine Beschäftigung auf, bevor er den ihm zustehenden Urlaub ganz oder teilweise genommen hat, so ist ihm für jeden ihm nach diesem Teil des Übereinkommens zustehenden Urlaubstag das in Artikel 40 vorgesehene Entgelt zu zahlen.



Teil VI. Wöchentliche Ruhezeit

Artikel 43

1. Plantagenarbeitern ist unter Vorbehalt der in den folgenden Artikeln festgesetzten Ausnahmen innerhalb eines Zeitraumes von sieben Tagen eine Ruhezeit von mindestens vierundzwanzig aufeinanderfolgenden Stunden zu gewähren.

2. Diese Ruhezeit ist, soweit wie möglich, allen Arbeitnehmern jeder Plantage gleichzeitig zu gewähren.

3. Sie ist derart festzusetzen, daß sie, soweit wie möglich, auf die durch Herkommen oder Brauch des Landes oder der Gegend bestimmten Ruhetage fällt.



Artikel 44

1. Jedes Mitglied kann, gänzlich oder teilweise, Ausnahmen von den Bestimmungen des Artikels 43 zulassen (einschließlich Aufhebung und Verkürzung der Ruhezeiten). Hierbei soll es berechtigten Erwägungen der Menschlichkeit einerseits, der Wirtschaftlichkeit andererseits besonders Rechnung tragen. Falls zuständige Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehen, sollen sie angehört werden.

2. Diese Anhörung ist nicht erforderlich für Ausnahmen, die bereits gesetzlich festgelegt sind.



Artikel 45

Jedes Mitglied hat, soweit wie möglich, Bestimmungen zu treffen, die eine Ersatzruhezeit für Aufhebungen und Kürzungen nach Artikel 44 gewähren, es sei denn, daß Vereinbarungen oder Ortsgebräuche solche Ruhezeiten bereits vorsehen.



Teil VII. Mutterschutz

Artikel 46

Im Sinne dieses Teiles des Übereinkommens gilt als „Frau" jede Person weiblichen Geschlechts ohne Unterschied des Alters, der Staatsangehörigkeit, der Rasse oder der Religion, gleichviel ob sie verheiratet oder unverheiratet ist, und als „Kind" jedes Kind, gleichviel ob es ehelich oder außerehelich geboren ist.



Artikel 47

1. Eine Frau, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet, hat bei Vorlage eines geeigneten Nachweises, in dem der voraussichtliche Zeitpunkt ihrer Niederkunft angegeben ist, Anspruch auf Mutterschaftsurlaub.

2. Die zuständige Stelle kann nach Anhörung der maßgebenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, eine Wartezeit für Mutterschaftsurlaub vorschreiben, die insgesamt hundertfünfzig Tage Beschäftigung bei dem gleichen Arbeitgeber während der der Niederkunft vorausgehenden zwölf Monate nicht übersteigen darf.

3. Die Dauer des Mutterschaftsurlaubs hat mindestens zwölf Wochen zu betragen; ein Teil dieses Urlaubs muß nach der Niederkunft genommen werden.

4. Die Dauer des pflichtmäßigen Urlaubs nach der Niederkunft ist durch die innerstaatliche Gesetzgebung zu bestimmen, darf aber keinesfalls weniger als sechs Wochen betragen; der Rest des gesamten Mutterschaftsurlaubs kann je nach den Bestimmungen der innerstaatlichen Gesetzgebung entweder vor dem voraussichtlichen Zeitpunkt der Niederkunft oder nach Ablauf des pflichtmäßigen Urlaubs oder teilweise vor dem voraussichtlichen Zeitpunkt der Niederkunft und teilweise nach Ablauf des pflichtmäßigen Urlaubs beansprucht werden.

5. Findet die Niederkunft nach dem voraussichtlichen Zeitpunkt statt, so wird der vor diesem Zeitpunkt beanspruchte Urlaub auf alle Fälle bis zum tatsächlichen Zeitpunkt der Niederkunft verlängert; die Dauer des pflichtmäßigen Urlaubs nach der Niederkunft darf aus diesem Grund nicht verkürzt werden.

6. Im Fall einer Krankheit, die laut geeignetem Nachweis eine Folge der Schwangerschaft ist, hat die innerstaatliche Gesetzgebung einen zusätzlichen Urlaub vor der Niederkunft vorzusehen, dessen Höchstdauer von der zuständigen Stelle festgesetzt werden kann.

7. Im Fall einer Krankheit, die laut geeignetem Nachweis eine Folge der Niederkunft ist, hat die Frau Anspruch auf einen zusätzlichen Urlaub nach der Niederkunft, dessen Höchstdauer von der zuständigen Stelle festgesetzt werden kann.

8. Während des der Niederkunft unmittelbar vorangehenden Zeitraumes dürfen werdende Mütter zu keiner Arbeit herangezogen werden, die ihnen Schaden zufügen könnte.



Artikel 48

1. Bleibt eine Frau nach den Bestimmungen von Artikel 47 dieses Übereinkommens der Arbeit fern, so hat sie Anspruch auf Geldleistungen und ärztliche Leistungen.

2. Die Höhe der Geldleistungen ist durch die innerstaatliche Gesetzgebung so festzusetzen, daß sie ausreichen, um den vollständigen Unterhalt der Frau und ihres Kindes in guten gesundheitlichen Verhältnissen bei angemessener Lebenshaltung zu gewährleisten.

3. Die ärztlichen Leistungen haben Betreuung vor, während und nach der Niederkunft durch geprüfte Hebammen oder durch Ärzte und, wenn erforderlich, Anstaltspflege zu umfassen; die Wahl des Arztes und die Wahl zwischen einer öffentlichen oder einer privaten Anstalt sind, soweit möglich, freizustellen.

4. Jeder Beitrag im Rahmen einer Pflichtversicherung, die Leistungen im Falle der Mutterschaft vorsieht, und jede öffentliche Abgabe, die auf Grund des bezahlten Arbeitsentgelts errechnet und zum Zweck der Gewährung derartiger Leistungen erhoben wird, sind entsprechend der Gesamtzahl der in den betreffenden Betrieben beschäftigten männlichen und weiblichen Arbeitnehmer ohne Unterschied des Geschlechts zu zahlen, gleichviel ob die Zahlung durch den Arbeitgeber oder gemeinsam durch den Arbeitgeber und die Arbeitnehmer erfolgt.



Artikel 49

1. Einer Frau, die ihr Kind stillt, ist das Recht einzuräumen, zu diesem Zweck ihre Arbeit einmal oder mehrere Male zu unterbrechen; die Umstände dieser Unterbrechungen sind durch die innerstaatliche Gesetzgebung zu bestimmen.

2. Arbeitsunterbrechungen zum Zwecke des Stillens gelten als Arbeitszeit und sind entsprechend zu bezahlen, wenn die Frage durch die innerstaatliche Gesetzgebung oder in Übereinstimmung mit ihr geregelt wird; wird die Frage durch Gesamtarbeitsverträge geregelt, so sind die Bestimmungen des betreffenden Gesamtarbeitsvertrages maßgebend.



Artikel 50

1. Bleibt eine Frau nach den Bestimmungen von Artikel 47 der Arbeit fern, so darf der Arbeitgeber ihr weder während der Abwesenheit noch auf einen solchen Zeitpunkt kündigen, daß die Kündigungsfrist während ihrer Abwesenheit abläuft.

2. Es ist verboten, eine Frau lediglich deshalb zu entlassen, weil sie werdende oder stillende Mutter ist.



Teil VIII. Entschädigung bei Arbeitsunfällen

Artikel 51

Jedes Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation, für das dieser Teil des Übereinkommens in Kraft ist, verpflichtet sich, seine Gesetze und Verordnungen über Entschädigung der Arbeiter bei Unfällen infolge oder gelegentlich der Arbeit auf alle Plantagenarbeiter auszudehnen.



Artikel 52

1. Jedes Mitglied, für das dieser Teil des Übereinkommens in Kraft ist, verpflichtet sich, den Staatsangehörigen jedes anderen Mitgliedes, für das dieser Teil des Übereinkommens in Kraft ist, die auf seinem Gebiet einen Arbeitsunfall erlitten haben, oder ihren Hinterbliebenen die gleiche Behandlung in der Entschädigung bei Arbeitsunfällen zu gewähren wie seinen eigenen Staatsangehörigen.

2. Diese Gleichbehandlung wird den ausländischen Arbeitnehmern und ihren Hinterbliebenen ohne Rücksicht auf ihren Wohnsitz gewährt. Soweit indes Zahlungen in Frage kommen, die ein Mitglied oder dessen Staatsangehörige diesem Grundsatz gemäß im Auslande zu leisten hätten, sind die entsprechenden Maßnahmen nötigenfalls durch Sonderabkommen zwischen den beteiligten Mitgliedern zu vereinbaren.



Artikel 53

Durch besondere Vereinbarungen zwischen den beteiligten Mitgliedern kann bestimmt werden, daß auf die Entschädigung bei Unfällen solcher Arbeitnehmer, die nur vorübergehend oder mit Unterbrechungen im Gebiet eines Mitgliedes für Rechnung eines im Gebiet eines anderen Mitgliedes gelegenen Unternehmens beschäftigt sind, die gesetzlichen Vorschriften des letztgenannten Mitgliedes Anwendung finden sollen.



Teil IX. Vereinigungsrecht und Recht zu Kollektivverhandlungen

Artikel 54

Das Vereinigungsrecht der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zu allen gesetzlich erlaubten Zwecken ist durch geeignete Maßnahmen zu gewährleisten.



Artikel 55

Bei allen Verfahren zur Prüfung von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist für möglichste Einfachheit und Schnelligkeit zu sorgen.



Artikel 56

1. Es ist darauf hinzuwirken, daß die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer Arbeitsstreitigkeiten vermeiden und auftretende Streitigkeiten im Wege der Schlichtung nach den Grundsätzen der Billigkeit regeln.

2. In diesem Sinne sind alle tunlichen Maßnahmen zu treffen, um die Vertreter der Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in bezug auf Einrichtung und Tätigkeit der Schlichtungsstellen anzuhören und sie daran zu beteiligen.

3. Unbeschadet der Tätigkeit dieser Stellen sind öffentliche Beamte mit der Prüfung der Arbeitsstreitigkeiten zu betrauen. Sie haben auf deren Schlichtung hinzuwirken und sich zu bemühen, den Parteien behilflich zu sein, sie nach den Grundsätzen der Billigkeit beizulegen.

4. Soweit tunlich, sind mit diesen Aufgaben hierfür besonders bezeichnete Beamte zu betrauen.



Artikel 57

1. Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind so rasch wie möglich einzurichten.

2. Vertreter der beteiligten Arbeitgeber und der beteiligten Arbeitnehmer, einschließlich Vertreter ihrer Verbände, soweit solche bestehen, sind an der Durchführung dieser Verfahren derart und so weit zu beteiligen, wie es die zuständige Stelle bestimmt, jedenfalls aber in gleicher Zahl und mit gleichen Rechten.



Artikel 58

1. Die Arbeitnehmer sind vor jeder gegen die Vereinigungsfreiheit gerichteten unterschiedlichen Behandlung, die mit ihrer Beschäftigung in Zusammenhang steht, angemessen zu schützen.

2. Dieser Schutz ist insbesondere gegenüber Handlungen zu gewähren, die darauf gerichtet sind,

a) die Beschäftigung eines Arbeitnehmers davon abhängig zu machen, daß er keiner Gewerkschaft beitritt oder aus einer Gewerkschaft austritt,

b) einen Arbeitnehmer zu entlassen oder auf sonstige Weise zu benachteiligen, weil er einer Gewerkschaft angehört oder weil er sich außerhalb der Arbeitszeit oder mit Zustimmung des Arbeitgebers während der Arbeitszeit gewerkschaftlich betätigt.



Artikel 59

1. Den Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber ist in bezug auf ihre Bildung, Tätigkeit und Verwaltung gebührender Schutz gegen jede Einmischung von der anderen Seite, sowohl seitens der Organisation wie auch ihrer Vertreter oder Mitglieder, zu gewähren.

2. Als Einmischung im Sinne dieses Artikels gelten insbesondere Handlungen, die darauf gerichtet sind, von einem Arbeitgeber oder von einer Organisation von Arbeitgebern abhängige Organisationen von Arbeitnehmern ins Leben zu rufen oder Organisationen von Arbeitnehmern durch Geldmittel oder auf sonstige Weise zu unterstützen, um sie unter den Einfluß eines Arbeitgebers oder einer Organisation von Arbeitgebern zu bringen.



Artikel 60

Soweit erforderlich, sind den Landesverhältnissen angepaßte Einrichtungen zu schaffen, um den Schutz des Vereinigungsrechtes im Sinne der vorangehenden Artikel zu gewährleisten.



Artikel 61

Soweit erforderlich, sind den Landesverhältnissen angepaßte Maßnahmen zu treffen, um im weitesten Umfang Entwicklung und Anwendung von Verfahren zu fördern, durch die Arbeitgeber oder Organisationen von Arbeitgebern einerseits und Organisationen von Arbeitnehmern anderseits freiwillig über den Abschluß von Gesamtarbeitsverträgen zur Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen verhandeln können.



Teil X. Vereinigungsfreiheit

Artikel 62

Die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber ohne jeden Unterschied haben das Recht, ohne vorherige Genehmigung Organisationen nach eigener Wahl zu bilden und solchen Organisationen beizutreten, wobei lediglich die Bedingung gilt, daß sie deren Satzungen einhalten.



Artikel 63

1. Die Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber haben das Recht, sich Satzungen und Geschäftsordnungen zu geben, ihre Vertreter frei zu wählen, ihre Geschäftsführung und Tätigkeit zu regeln und ihr Programm aufzustellen.

2. Die Behörden haben sich jedes Eingriffes zu enthalten, der geeignet wäre, dieses Recht zu beschränken oder dessen rechtmäßige Ausübung zu behindern.



Artikel 64

Die Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber dürfen im Verwaltungswege weder aufgelöst noch zeitweilig eingestellt werden.



Artikel 65

Die Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber sind berechtigt, Verbände und Zentralverbände zu bilden und sich solchen anzuschließen. Die Organisationen, Verbände und Zentralverbände haben das Recht, sich internationalen Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber anzuschließen.



Artikel 66

Die Bestimmungen der Artikel 62, 63 und 64 finden auf die Verbände und Zentralverbände von Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber Anwendung.



Artikel 67

Der Erwerb der Rechtspersönlichkeit durch Organisationen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, ihre Verbände und Zentralverbände darf nicht an Bedingungen geknüpft werden, die geeignet sind, die Anwendung der Bestimmungen der Artikel 62, 63 und 64 zu beeinträchtigen.



Artikel 68

1. Die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber und ihre Organisationen haben sich gleich anderen Personen und organisierten Gemeinschaften bei Ausübung der ihnen durch diesen Teil dieses Übereinkommens zuerkannten Rechte an die Gesetze zu halten.

2. Die in diesem Teil des Übereinkommens vorgesehenen Rechte dürfen weder durch die innerstaatliche Gesetzgebung noch durch die Art ihrer Anwendung geschmälert werden.



Artikel 69

In diesem Teil des Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck „Organisation" jede Organisation von Arbeitnehmern oder von Arbeitgebern, welche die Förderung und den Schutz der Interessen der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber zum Ziele hat.



Artikel 70

Jedes Mitglied, für das dieser Teil des Übereinkommens in Kraft ist, verpflichtet sich, alle erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zu treffen, um den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern die freie Ausübung des Vereinigungsrechtes zu gewährleisten.



Teil XI. Arbeitsaufsicht

Artikel 71

Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, hat eine Arbeitsaufsicht zu unterhalten.



Artikel 72

Das Personal der Dienststellen der Arbeitsaufsicht hat aus zweckentsprechend ausgebildeten Aufsichtsbeamten zu bestehen.



Artikel 73

Den Arbeitnehmern und ihren Vertretern ist der freie Verkehr mit den Aufsichtsbeamten auf jede Weise zu erleichtern.



Artikel 74

1. Der Arbeitsaufsicht obliegt

a) die Sicherstellung der Durchführung der gesetzlichen Vorschriften über die Arbeitsbedingungen und den Schutz der Arbeitnehmer bei der Ausführung ihrer Arbeit, wie der Vorschriften über Arbeitszeit, Löhne, Unfallverhütung, Gesundheitsschutz und Wohlfahrt, die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen und anderer damit in Zusammenhang stehender Angelegenheiten, soweit die Aufsichtsbeamten mit der Sicherstellung der Durchführung dieser Vorschriften betraut sind,

b) die Belehrung der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer durch technische Aufklärung und Ratschläge über die wirksamsten Mittel zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften,

c) die Verständigung der zuständigen Stelle von den durch die bestehenden gesetzlichen Vorschriften nicht ausdrücklich erfaßten Mängeln oder Mißbräuchen.

2. Werden den Aufsichtsbeamten weitere Aufgaben übertragen, so dürfen diese sie weder an der wirksamen Erfüllung ihrer Hauptaufgaben hindern, noch das Ansehen und die Unparteilichkeit irgendwie gefährden, deren die Aufsichtsbeamten in ihren Beziehungen zu den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern bedürfen.



Artikel 75

Die zuständige Stelle hat geeignete Maßnahmen zu treffen zur Förderung

a) einer wirksamen Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen der Arbeitsaufsicht einerseits und den auf ähnlichen Gebieten tätigen anderen Behörden und öffentlichen oder privaten Einrichtungen andererseits,

b) der Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbeamten sowie den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern oder deren Verbänden.



Artikel 76

Das Aufsichtspersonal hat aus öffentlichen Beamten zu bestehen, deren Stellung und Dienstverhältnisse ihnen Stetigkeit der Beschäftigung und Unabhängigkeit von Veränderungen in der Regierung und von unzulässigen äußeren Einflüssen verbürgen.



Artikel 77

1. Die zuständige Stelle trifft die notwendigen Maßnahmen, um die Aufsichtsbeamten zu versorgen mit

a) örtlichen, entsprechend den dienstlichen Erfordernissen ausgestatteten und allen Beteiligten zugänglichen Amtsräumlichkeiten,

b) den für die Ausführung ihrer Aufgaben erforderlichen Verkehrsmitteln, wenn zweckdienliche öffentliche Verkehrsmittel fehlen.

2. Die zuständige Stelle trifft die notwendigen Maßnahmen, um den Aufsichtsbeamten alle für die Ausführung ihrer Aufgaben notwendigen Reisekosten und sonstigen Nebenauslagen zu erstatten.



Artikel 78

1. Die mit den erforderlichen Ausweisen versehenen Aufsichtsbeamten sind befugt,

a) jederzeit bei Tag und bei Nacht jede der Aufsicht unterstellte Arbeitsstätte frei und unangemeldet zu betreten,

b) bei Tag alle Räumlichkeiten zu betreten, von denen sie mit gutem Grund annehmen können, daß sie der Aufsicht unterstehen,

c) alle ihnen notwendig erscheinenden Prüfungen, Feststellungen oder Erhebungen vorzunehmen, um sich von der strengen Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu überzeugen, und insbesondere

i) den Arbeitgeber oder das Personal des Betriebes allein oder in Gegenwart von Zeugen über alle die Durchführung der gesetzlichen Vorschriften betreffenden Angelegenheiten zu befragen,

ii) die Vorlage, aller durch die Gesetzgebung über die Arbeitsbedingungen vorgeschriebenen Bücher, Verzeichnisse oder sonstigen Unterlagen zur Nachprüfung ihrer Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften zu verlangen und Abschriften dieser Unterlagen oder Auszüge aus ihnen anzufertigen,

iii) das Anschlagen der gesetzlich vorgeschriebenen Bekanntmachungen anzuordnen,

iv) Proben der verwendeten oder gehandhabten Stoffe und Substanzen zum Zwecke von Analysen zu entnehmen und mit sich zu nehmen, wobei jedoch der Arbeitgeber oder sein Vertreter von der Entnahme oder Mitnahme von Stoffen oder Substanzen für diesen Zweck zu verständigen ist.

2. Bei der Vornahme einer Besichtigung hat der Aufsichtsbeamte dem Arbeitgeber oder dessen Vertreter von seiner Gegenwart Kenntnis zu geben, es sei denn, daß eine solche Verständigung seiner Ansicht nach die Wirksamkeit der Kontrolle beeinträchtigen könnte.



Artikel 79

Vorbehaltlich der durch die Gesetzgebung allenfalls vorgesehenen Ausnahmen gelten für die Aufsichtsbeamten folgende Vorschriften:

a) Sie dürfen an den ihrer Aufsicht unterstellten Betrieben weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt sein.

b) Sie müssen unter Androhung geeigneter strafrechtlicher oder disziplinarischer Ahndung verpflichtet sein, selbst nach Ausscheiden aus dem Dienst, irgendwelche Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse oder Arbeitsverfahren, die bei Ausübung ihrer Befugnisse zu ihrer Kenntnis kommen, nicht preiszugeben.

c) Sie haben die Quelle jeder Beschwerde über einen bestehenden Mangel oder über eine Verletzung der gesetzlichen Vorschriften als unbedingt vertraulich zu behandeln und dürfen weder dem Arbeitgeber noch dessen Vertreter andeuten, daß eine Besichtigung durch eine Beschwerde veranlaßt worden ist.



Artikel 80

Der Arbeitsaufsicht sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten in den Fällen und in der Art anzuzeigen, wie sie die innerstaatliche Gesetzgebung vorschreibt.



Artikel 81

Die Arbeitsstätten sind so oft und so gründlich zu besichtigen, als zur Sicherung einer wirksamen Durchführung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften notwendig ist.



Artikel 82

1. Wer gesetzliche Vorschriften, mit deren Durchführung die Aufsichtsbeamten betraut sind, verletzt oder mißachtet, unterliegt sofortiger gesetzlicher Verfolgung ohne vorgängige Verwarnung. Die innerstaatliche Gesetzgebung kann jedoch Ausnahmen für die Fälle vorsehen, in denen eine vorgängige Aufforderung zur Behebung von Mängeln oder zur Durchführung vorbeugender Maßnahmen zu erfolgen hat.

2. Es bleibt dem freien Ermessen der Aufsichtsbeamten überlassen, an Stelle der Einleitung oder Beantragung der Strafverfolgung Verwarnungen oder Ratschläge zu erteilen.



Artikel 83

Die innerstaatliche Gesetzgebung hat angemessene Zwangsmaßnahmen gegen Übertretung der gesetzlichen Vorschriften, deren Durchführung von den Aufsichtsbeamten überwacht wird, und gegen die Behinderung der Aufsichtsbeamten bei der Ausführung ihrer Aufgaben vorzusehen und wirksam anzuwenden.



Artikel 84

1. Die Aufsichtsbeamten oder die örtlichen Dienststellen der Arbeitsaufsicht sind verpflichtet, der zentralen Aufsichtsbehörde regelmäßig allgemeine Berichte über die Ergebnisse ihrer Aufsichtstätigkeit vorzulegen.

2. Diese Berichte sind in der von der Zentralbehörde vorgeschriebenen Weise zu verfassen und haben Gegenstände zu behandeln, die von ihr von Zeit zu Zeit festgesetzt werden. Sie sind mindestens so oft, wie es die Zentralbehörde vorschreibt, jedenfalls aber mindestens einmal im Jahre vorzulegen.



Teil XII. Unterkunft

Artikel 85

Die zuständigen Stellen haben in Beratung mit den Vertretern der beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, die Bereitstellung von ausreichenden Unterkünften für die Plantagenarbeiter in geeigneter Weise zu fördern.



Artikel 86

1. Die Mindestnormen und -vorschriften für die Unterkünfte, die gemäß dem vorstehenden Artikel bereitgestellt werden sollen, sind von der zuständigen Behörde festzusetzen. Diese soll, soweit möglich, aus Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehende Beratungsausschüsse zur Begutachtung von Fragen der Unterkunft einsetzen.

2. Diese Mindestnormen sollen Vorschriften enthalten betreffend

a) die zu verwendenden Baustoffe;

b) die Mindestgröße der Unterkünfte, die Anordnung, Belüftung, Bodenfläche und Höhe der Räume;

c) die Verandafläche, die Koch- und Waschgelegenheiten, Abstellräume, die Wasserversorgung sowie die sanitären Anlagen.



Artikel 87

Die Gesetzgebung hat angemessene Zwangsmaßnahmen gegen Übertretungen der gemäß dem vorstehenden Artikel erlassenen gesetzlichen Vorschriften vorzusehen und wirksam anzuwenden.



Artikel 88

1. Werden Unterkünfte vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt, so dürfen die Mietbedingungen für Plantagenarbeiter nicht ungünstiger sein als die durch die innerstaatliche Gesetzgebung festgesetzten oder landesüblichen Bedingungen.

2. Wenn ein auf der Plantage untergebrachter Arbeitnehmer entlassen wird, so ist ihm eine angemessene Frist zur Räumung der Unterkunft zu bewilligen. Ist diese Frist nicht gesetzlich festgelegt, so ist sie durch ein anerkanntes Verhandlungsverfahren zu bestimmen. Kann auf diesem Wege keine Einigung erzielt werden, so ist der ordentliche Zivilrechtsweg zu beschreiten.



Teil XIII. Ärztliche Betreuung

Artikel 89

Die zuständigen Stellen haben in Beratung mit den Vertretern der beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, die Bereitstellung von ausreichenden ärztlichen Diensten für Plantagenarbeiter und deren Familienangehörige in geeigneter Weise zu fördern.



Artikel 90

1. Die ärztlichen Dienste müssen den von den Behörden vorgeschriebenen Normen entsprechen, der Zahl der in Betracht kommenden Personen angemessen sein und über eine ausreichende Zahl qualifizierter Kräfte zur Durchführung ihrer Aufgabe verfügen.

2. Sofern diese Dienste von den zuständigen öffentlichen Behörden bereitgestellt werden, haben sie den Normen, Bräuchen und Gepflogenheiten der betreffenden Behörde zu entsprechen.



Artikel 91

Die zuständige Stelle hat in Beratung mit den Vertretern der beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, Maßnahmen zu ergreifen, um endemische Krankheiten in Plantagengebieten zum Verschwinden oder unter Kontrolle zu bringen.



Teil XIV. Schlußbestimmungen

Artikel 92

Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.



Artikel 93

1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

2. Dieses Übereinkommen tritt sechs Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, in dem in Übereinstimmung mit Artikel 3 die Ratifikationen von zwei der folgenden Länder eingetragen worden sind: Argentinien, Äthiopien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Burma, Ceylon, China, Dominikanische Republik, Ekuador, Frankreich, Ghana, Guatemala, Haiti, Honduras, Indien, Indonesien, Italien, Kolumbien, Kostarika, Kuba, Liberia, Malaiischer Bund, Mexiko, Niederlande, Nikaragua, Pakistan, Panama, Peru, Philippinen, Portugal, Salvador, Spanien, Sudan, Thailand, Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Vereinigte Arabische Republik, Vereinigte Staaten von Amerika, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland, Vietnam.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied sechs Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.



Artikel 94

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Maßgabe dieses Artikels kündigen.



Artikel 95

1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.

2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.



Artikel 96

Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Maßgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.



Artikel 97

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.



Artikel 98

1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen:

a) Die Ratifikation des neugefaßten Übereinkommens durch ein Mitglied schließt ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Rücksicht auf Artikel 94, vorausgesetzt, daß das neugefaßte Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefaßten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefaßte Übereinkommen ratifiziert haben.



Artikel 99

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise maßgebend.