INTERNATIONALE ARBEITSORGANISATION

Übereinkommen 69

Übereinkommen über den Befähigungsausweis für Schiffsköche, 1946

Dieses Übereinkommen ist am 22. April 1953 in Kraft getreten.
Ort:Seattle 
Tagung:28 

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,

die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Seattle einberufen wurde und am 6. Juni 1946 zu ihrer achtundzwanzigsten Tagung zusammengetreten ist,

hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend den Befähigungsausweis für Schiffsköche, eine Frage, die zum vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und

dabei bestimmt, daß diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 27. Juni 1946, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über den Befähigungsausweis für Schiffsköche, 1946, bezeichnet wird.



Artikel 1

1. Dieses Übereinkommen gilt für alle Seeschiffe, gleichviel ob in öffentlichem oder privatem Besitz, die der gewerbsmäßigen Beförderung von Fracht oder von Fahrgästen dienen und in einem Gebiet eingetragen sind, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist.

2. Die Schiffe oder die Schiffsgattungen, die im Sinne dieses Übereinkommens als Seeschiffe zu gelten haben, werden durch die innerstaatliche Gesetzgebung oder, in deren Ermangelung, durch Gesamtarbeitsverträge zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bestimmt.



Artikel 2

Im Sinne dieses Übereinkommens gilt als „Schiffskoch" die für die Zubereitung der Mahlzeiten der Besatzung unmittelbar verantwortliche Person.



Artikel 3

1. Als Schiffskoch darf an Bord eines Schiffes, für das dieses Übereinkommen gilt, niemand angestellt werden, der nicht einen nach den Bestimmungen der folgenden Artikel ausgestellten Ausweis über seine Befähigung zur Ausübung des Berufes eines Schiffskochs besitzt.

2. Die zuständige Stelle kann jedoch Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Artikels gewähren, wenn ihrem Ermessen nach Mangel an Schiffsköchen mit Befähigungsausweisen besteht.



Artikel 4

1. Die zuständige Stelle trifft Vorkehrungen für die Abhaltung von Prüfungen und die Ausstellung von Befähigungsausweisen.

2. Niemand darf einen Befähigungsausweis erhalten, der nicht

a) das von der zuständigen Stelle vorzuschreibende Mindestalter erreicht hat,

b) eine Mindestdienstzeit auf See zurückgelegt hat, deren Dauer von der zuständigen Stelle vorzuschreiben ist,

c) eine von der zuständigen Stelle vorzuschreibende Prüfung bestanden hat.

3. Die vorgeschriebene Prüfung hat eine Probeleistung des Anwärters zum Nachweis seiner Befähigung zur Bereitung von Mahlzeiten vorzusehen; sie hat auch die Feststellung seiner Kenntnisse betreffend Nährwert der Nahrungsmittel, Zusammenstellung abwechslungsreicher und angemessen ausgeglichener Mahlzeiten und Behandlung und Lagerung von Nahrungsmitteln an Bord zu umfassen.

4. Die vorgeschriebene Prüfung und die Ausstellung der Ausweise kann entweder unmittelbar durch die zuständige Stelle oder, unter ihrer Aufsicht, durch eine anerkannte Kochschule oder eine andere anerkannte Stelle vorgenommen werden.



Artikel 5

Artikel 3 dieses Übereinkommens wird rechtswirksam nach Ablauf einer Zeitspanne von höchstens drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens für das Gebiet, in dem das Schiff eingetragen ist. Doch kann auf Grund der innerstaatlichen Gesetzgebung im Fall eines Schiffsmannes, der vor Ablauf dieser Frist zwei Jahre lang zufriedenstellende Dienste als Schiffskoch geleistet hat, ein Zeugnis über diese Dienstzeit als einem Befähigungsausweise gleichwertig anerkannt werden.



Artikel 6

Die zuständige Stelle kann die Anerkennung von in anderen Gebieten ausgestellten Befähigungsausweisen vorsehen.



Artikel 7

Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.



Artikel 8

1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

2. Dieses Übereinkommen tritt sechs Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, an dem die Ratifikationen von neun der folgenden Staaten eingetragen worden sind: Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Chile, China, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Indien, Irland, Italien, Jugoslawien, Kanada, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Schweden, Türkei, Vereinigte Staaten von Amerika, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland, wobei von diesen neun Staaten mindestens fünf eine Handelsflotte von je mindestens einer Million Bruttoregistertonnen besitzen müssen. Die Aufnahme dieser Bestimmung soll die baldige Ratifikation dieses Übereinkommens durch die Mitgliedstaaten erleichtern und fördern.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied sechs Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.



Artikel 9

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum ersten Mal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Maßgabe dieses Artikels kündigen.



Artikel 10

1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.

2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der letzten für das Inkrafttreten des Übereinkommens notwendigen Ratifikation Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.



Artikel 11

Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Maßgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.



Artikel 12

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.



Artikel 13

1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen:

a) Die Ratifikation des neugefaßten Übereinkommens durch ein Mitglied schließt ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Rücksicht auf Artikel 9, vorausgesetzt, daß das neugefaßte Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefaßten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefaßte Übereinkommen ratifiziert haben.



Artikel 14

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise maßgebend.