INTERNATIONALE ARBEITSORGANISATION

Übereinkommen 43

Übereinkommen über die Arbeitszeit in automatischen Tafelglashütten, 1934

Dieses Übereinkommen ist am 13. Januar 1938 in Kraft getreten.
Ort:Genf 
Tagung:18 

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,

die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 4. Juni 1934 zu ihrer achtzehnten Tagung zusammengetreten ist,

hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Arbeitszeit in automatischen Tafelglashütten, eine Frage, die den dritten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und

dabei bestimmt, daß diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 21. Juni 1934, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Tafelglashütten, 1934, bezeichnet wird.



Artikel 1

1. Dieses Übereinkommen gilt für Personen, die schichtweise bei zwangsläufig ununterbrochenen Arbeiten in Tafelglashütten beschäftigt werden, in denen Tafelglas oder Glas derselben Beschaffenheit, das sich von Tafelglas nur durch seine Dicke und andere Ausmaße unterscheidet, mit automatischen Maschinen erzeugt wird.

2. Als zwangsläufig ununterbrochene Arbeit gilt jede Arbeit, die infolge der selbsttätigen und fortlaufenden Beschickung mit Glasmasse und der Art des Betriebes der Maschinen zu keinem Zeitpunkt des Tages, der Nacht oder der Woche unterbrochen werden kann.



Artikel 2

1. Die Personen, für welche dieses Übereinkommen gilt, sind nach einem Arbeitsplan zu beschäftigen, der mindestens vier Schichten vorsieht.

2. Die durchschnittliche Arbeitszeit dieser Personen darf zweiundvierzig Stunden wöchentlich nicht überschreiten.

3. Der Berechnung dieser Durchschnittsdauer wird ein Zeitraum von höchstens vier Wochen zugrunde gelegt.

4. Die Dauer einer Arbeitsschicht darf acht Stunden nicht überschreiten.

5. Die Ruhezeit zwischen zwei Schichten der gleichen Arbeitnehmerschicht darf nicht weniger als sechzehn Stunden betragen; doch kann diese Ruhezeit nötigenfalls beim regelmäßigen Wechsel des Schichtplanes verkürzt werden.



Artikel 3

1. Die nach Artikel 2, Absätze 2, 3 und 4 vorgesehenen Grenzen können überschritten und die nach Absatz 5 vorgesehene Ruhezeit kann verkürzt werden, jedoch nur soweit es erforderlich ist, um eine ernstliche Störung des regelmäßigen Betriebes zu verhüten,

a) wenn eine Betriebsstörung eingetreten ist oder droht, wenn dringliche Arbeiten an den Maschinen oder an den Betriebseinrichtungen vorzunehmen sind oder wenn höhere Gewalt vorliegt,

b) um das unvorhergesehene Ausbleiben eines oder mehrerer Mitglieder einer Schicht ausgleichen zu können.

2. Für Überstunden auf Grund dieses Artikels wird eine angemessene Vergütung nach Maßgabe der innerstaatlichen Gesetzgebung oder von Vereinbarungen der beteiligten Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer gewährt.



Artikel 4

Um die Durchführung der Bestimmungen dieses Übereinkommens zu erleichtern, wird jeder Arbeitgeber verpflichtet,

a) durch Anschläge an gut sichtbarer Stelle im Betrieb oder an einem anderen geeigneten Ort oder auf sonst eine von der zuständigen Stelle genehmigte Weise Beginn und Schluß jeder Schicht bekanntzugeben,

b) den einmal bekanntgegebenen Stundenplan nur in der von der zuständigen Stelle genehmigten Art und Weise zu ändern,

c) alle auf Grund des Artikels 3 geleisteten Überstunden sowie die für solche Überstunden gewährte Vergütung in ein Verzeichnis einzutragen, dessen Form die zuständige Stelle genehmigt hat.



Artikel 5

Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.



Artikel 6

1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.

2. Es tritt in Kraft zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes andere Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.



Artikel 7

Sobald die Ratifikationen zweier Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation beim Internationalen Arbeitsamt eingetragen sind, teilt der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes dies sämtlichen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation mit. Auch gibt er ihnen Kenntnis von der Eintragung der Ratifikationen, die ihm später von anderen Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.



Artikel 8

1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum ersten Mal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung beim Internationalen Arbeitsamt ein.

2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Maßgabe dieses Artikels kündigen.



Artikel 9

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.



Artikel 10

1. Nimmt die Allgemeine Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen:

a) Die Ratifikation des neugefaßten Übereinkommens durch ein Mitglied schließt ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Rücksicht auf Artikel 8, vorausgesetzt, daß das neugefaßte Übereinkommen in Kraft getreten ist.

b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefaßten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.

2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefaßte Übereinkommen ratifiziert haben.



Artikel 11

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise maßgebend.