INTERNATIONALE ARBEITSORGANISATION

Übereinkommen 18

Übereinkommen über die Entschädigung bei Berufskrankheiten, 1925

Dieses Übereinkommen ist am 1. April 1927 in Kraft getreten. Es ist im Jahre 1934 durch das Übereinkommen 42 abgeändert worden.
Ort:Genf 
Tagung:7 

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,

die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 19. Mai 1925 zu ihrer siebenten Tagung zusammengetreten ist,

hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Entschädigung bei Berufskrankheiten, eine Frage, die zum ersten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört, und

dabei bestimmt, daß diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 10. Juni 1925, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Berufskrankheiten, 1925, bezeichnet wird, zwecks Ratifikation durch die Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation nach den Bestimmungen der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation:



Artikel 1

1. Jedes Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, Arbeitnehmern, die durch Berufskrankheiten erwerbsunfähig geworden sind, oder ihren Hinterbliebenen eine Entschädigung nach den allgemeinen Grundsätzen seiner innerstaatlichen Gesetzgebung über die Entschädigung bei Betriebsunfällen zu sichern.

2. Die Entschädigungssätze dürfen nicht geringer sein als diejenigen, welche die innerstaatliche Gesetzgebung für die aus Betriebsunfällen herrührenden Schäden vorsieht. Mit dieser Einschränkung steht es jedem Mitgliede frei, bei der gesetzlichen Regelung der Entschädigung für die betreffenden Krankheiten und bei der Unterstellung dieser Krankheiten unter die Gesetzgebung über die Entschädigung bei Betriebsunfällen die zweckdienlichen Änderungen und Anpassungen vorzunehmen.



Artikel 2

Jedes Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, als Berufskrankheiten die Krankheiten und Vergiftungen zu betrachten, die durch die im nachstehenden Verzeichnis angeführten Stoffe verursacht sind, falls derartige Krankheiten oder Vergiftungen bei Arbeitnehmern der im Verzeichnis an entsprechender Stelle angeführten Gewerbe oder Berufe auftreten und durch die Beschäftigung in einem Betriebe hervorgerufen worden sind, welcher der innerstaatlichen Gesetzgebung des Mitgliedes über die Entschädigung bei Betriebsunfällen unterliegt.



VERZEICHNIS

der Erkrankungen und Giftstoffe: der entsprechenden Gewerbe und Verfahren:
Vergiftungen durch Blei, seine Legierungen oder Verbindungen sowie die unmittelbaren Folgen dieser Vergiftungen. Behandlung bleihaltiger Erze,einschließlich bleihaltiger Rückstände in Zinkwerken.
Einschmelzen von altem Zink und Blei zu Barren.
Herstellung von Gegenständen aus geschmolzenem Blei oder bleihaltigen Legierungen.
Polygraphische Gewerbe.
Herstellung von Bleiverbindungen.
Herstellung und Ausbesserung elektrischer Akkumulatoren.
Zubereitung und Verwendung von bleihaltigen Emaillen.
Polieren mit Bleispänen oder bleihaltigen Stoffen.
Anstreicharbeiten, bei denen bleihaltige Streichmittel, Kitte oder Farben zubereitet oder gebraucht werden.
Vergiftungen durch Quecksilber, seine Legierungen oder Verbindungen sowie die unmittelbaren Folgen dieser Vergiftungen. Behandlung von quecksilberhaltigen Mineralien.
Herstellung von Quecksilberverbindungen.
Herstellung von Meß- und Laboratoriumsapparaten.
Zubereitung der Rohstoffe für die Hutmacherei.
Feuervergoldung.
Verwendung von Quecksilberpumpen für die Herstellung von Glühlampen.
Herstellung von Knallquecksilberzündern.
Ansteckung durch Milzbrand. Arbeiten bei milzbrandverseuchten Tieren.
Behandlung von Tierleichen oder tierischen Abfällen.
Ein- und Ausladen sowie Beförderung von Waren.


Artikel 3

Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind nach den Bestimmungen der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.



Artikel 4

1. Dieses Übereinkommen tritt in Kraft, sobald die Ratifikationen zweier Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.

2. Es bindet nur diejenigen Mitglieder, deren Ratifikation beim Internationalen Arbeitsamt eingetragen ist.

3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes andere Mitglied mit dem Tag in Kraft, an dem seine Ratifikation beim Internationalen Arbeitsamt eingetragen worden ist.



Artikel 5

Sobald die Ratifikationen zweier Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation beim Internationalen Arbeitsamt eingetragen sind, teilt der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes dies sämtlichen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation mit. Auch gibt er ihnen Kenntnis von der Eintragung der Ratifikationen, die ihm später von anderen Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.



Artikel 6

Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 4 verpflichtet sich jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, die Bestimmungen der Artikel 1 und 2 spätestens am 1. Januar 1927 in Geltung zu setzen und die zu ihrer Durchführung nötigen Maßnahmen zu treffen.



Artikel 7

Jedes Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation, das dieses Übereinkommen ratifiziert, verpflichtet sich, es in seinen Kolonien, Besitzungen und Protektoraten nach den Bestimmungen des Artikels 35 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation anzuwenden.



Artikel 8

Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von fünf Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum ersten Mal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung beim Internationalen Arbeitsamt ein.



Artikel 9

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.



Artikel 10

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise maßgebend.